Beim Mieterstrom handelt es sich um ein Geschäftsmodell, das die Nutzung von Solarstrom in Mehrfamilienhäusern ermöglicht. Oft interessiert sich die Mieter- oder Vermieterseite für unabhängige Formen der Stromversorgung, möchten sich aber nicht selbst um die Umsetzung kümmern. An dieser Stelle kommt die Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft ins Spiel, um eine Photovoltaik-Anlage zu installieren und die Bewohnerschaft mit Strom zu versorgen.
Wenn sich genug interessierte Haushalte finden, kann ein Mieterstromprojekt in Abstimmung mit den Besitzenden oder der Hausvermietung umgesetzt werden. Letztere muss der Nutzung des Daches für die Photovoltaikanlage zustimmen. Die Mietenden nutzen den erzeugten Strom direkt hinter dem Netzanschlusspunkt. Da für selbsterzeugten Strom beim Verbrauch hinter dem Netzanschlusspunkt keine netzseitigen Steuern, Abgaben und Umlagen geleistet werden müssen, ergibt sich ein Preisvorteil, der zwischen den beiden Parteien aufgeteilt werden kann. Überschüssiger Strom wird gegen die staatliche Vergütung in das Netz eingespeist oder bei mittelgroßen Anlagen an der Strombörse direktvermarktet. Neben den Einnahmen aus dem Stromverkauf und der Überschusseinspeisevergütung, erhält der Anlagenbetreiber eine Mieterstromprämie. Diese liegt aktuell für Anlagen bis 10 kW bei 2,67 Cent/kWh und für Anlagen bis 40 kW bei 2,48 Cent/kWh. Wird eine größere Anlage installiert, beträgt die Prämie 1,67 Cent/kWh.
Anforderungen
Um Anspruch auf die Mieterstromförderung zu haben, muss eine EE-Gemeinschaft verschiedene Anforderungen erfüllen. Demnach ist zusätzlich zum selbsterzeugten Strom die Reststrombelieferung zu übernehmen. Das bedeutet, dass auch in Zeiten, in denen die Sonne nicht scheint, oder wenn mehr Strom benötigt wird als die Anlage produziert, der Strom bereitgestellt wird. Da es sich somit um ein Vollstromprodukt handelt, wechseln interessierte Mieter und Wohnungseigentümerinnen den Stromanbieter. Der Strompreis darf dabei höchstens 90% des Grundversorgungstarifs des Netzgebiets betragen. Dabei muss stets die freie Wahl des Stromanbieters bestehen bleiben. In gewisser Weise handelt es sich beim Mieterstrommodell somit um eine Spezialform einer Kundenanlage, bei der mehrere Abnehmer in Wohnhäusern versorgt werden. Auch hier wird die EE-Gemeinschaft dadurch zum Stromlieferanten und unterliegt Rechten und Pflichten eines Energieversorgungsunternehmens gemäß Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Bei Abrechnungen und Messstellenbetrieb kann ein externer Dienstleistern beauftragt werden. Für Reststromlieferung bietet sich eine Kooperation mit einem Ökostromanbieter an. Um nachvollziehen zu können, wie viel Strom die einzelnen Hausparteien verbrauchen und zusätzlich beziehen, ist eine Umstellung der Zähler notwendig. Bei der anfänglichen Finanzierung des Projekts können die Mitglieder der EE-Gemeinschaft und speziell die Bewohnerschaft des Gebäudes über Nachrangdarlehen beteiligt werden. Auch die Ausweitung auf das gesamte Quartier zieht zunehmend das Interesse von gesetzgeberischer Seite als auch von Anlagenbetreibern auf sich.
Wirtschaftlichkeit
Die Wirtschaftlichkeit von Mieterstromprojekten ist abhängig von einer Reihe von Faktoren, darunter der Größe der Anlage, der Anzahl der teilnehmenden Haushalte, dem Strompreis und den Fördermöglichkeiten und sollte daher im Einzelfall geprüft werden. Während sich in der Praxis EE-Gemeinschaften finden, die Mieterstromprojekte wirtschaftlich betreiben, sind andere Fälle bekannt, die von der Umsetzung abraten. Allgemein wird dabei der hohe bürokratische Aufwand und die Kosten für die Zählerumstellungen bei gleichzeitiger niedriger Förderung kritisiert. Zum Teil werden Mieterstromprojekte als besondere Leistung für die Mitglieder durchgeführt, ohne dabei jedoch einen hohen Gewinn abzuwerfen. Allgemein lohnt sich die Investition in eine Mieterstromanlage erst bei Gebäuden mit mindestens zehn Wohneinheiten. Kleinere Wohnhäuser können daher gegenwärtig noch nicht wirtschaftlich erschlossen werden.
Generell ist auch zu sagen, dass Mieterstromprojekt kein Geschäftsmodell für EE-Gemeinschaften ist, dass nur einmal realisiert wird. Wenn EE-Gemeinschaften in dieses Geschäftsmodell einsteigen wollen, müssen sie Potential für mehr Projekte haben.
Im Solarpaket I, das Anfang 2024 verabschiedet werden soll, sind zusätzliche Änderungen geplant, die sich positiv auf die Anwendung des Mieterstrommodells auswirken könnten. Unter anderem sollen bürokratische Hürden gesenkt werden und auch Gewerbe- und Bürogebäude eingebunden werden können. Ebenso könnte sich die Umstellung auf Smart Meter und die Einrichtung virtueller Kundenanlagen positiv auf die Realisierbarkeit von Mieterstromprojekten auswirken.