Viele Energiegenossenschaften möchten regelmäßig Projekte realisieren, ihre Wertschöpfung erweitern oder ihre Geschäftsmodelle ausbauen. Die Erfahrung zeigt, dass dies rein ehrenamtlich geführte Energiegenossenschaften nicht auf längere Zeit sicherstellen können. Für eine kontinuierliche Weiterentwicklung bedarf es einer Professionalisierung des operativen Geschäftes.
Eine Reihe von Energiegenossenschaften haben deshalb Service- oder Projektgesellschaften als GmbH gegründet. Diese Gesellschaften entwickeln mit festangestellten Kräften Projekte oder übernehmen Dienstleistungen für die Genossenschaft. Ein Vorteil dieser Konstruktion: Ein Teil des geschäftlichen Risikos wird aus der Energiegenossenschaft ausgelagert. Die Bilanz wird nicht belastet und die Dividende an die Mitglieder ist nicht gefährdet.
Mit Tochterunternehmen die Genossenschaft professionalisieren
Gesellschaften, an denen Energiegenossenschaften vollständig oder anteilig beteiligt sind, sind ein gängiges Modell. Bei großen Wind- und PV-Projekten sind Projekt- oder Betreibergesellschaften Standard, um Investitionsrisiken aus der Genossenschaft zu verlagern. Sie sind auch das Mittel der Wahl, wenn bei Projekten mehrere Gesellschafter:innen eingebunden werden, etwa weitere Energiegenossenschaften, Unternehmen, Kommunen oder Stadtwerke.
Das Thema Tochterunternehmen als operative GmbH treibt zahlreiche Energiegenossenschaften an, die ihre Wirkung steigern und deshalb die Entwicklung von Projekten verstetigen möchten.
Ein wichtiger Hebel dazu ist die Beschäftigung von Personal – und damit verbunden die Aufgabe, die Mitarbeiter:innen dauerhaft zu beschäftigen. Manche Energiegenossenschaften stellen die Beschäftigten in der Genossenschaft an. Doch wenn die jährlichen Überschüsse nicht ausreichen, schmälert der Personalaufwand anfangs den Bilanzgewinn oder sorgt sogar für einen Verlust. Eine mittlerweile bewährte Lösung ist deshalb die Gründung von Tochtergesellschaften, in denen das Personal beschäftigt wird. Die Gesellschaften projektieren zum Beispiel Photovoltaik-Anlagen, die später in den Besitz der Genossenschaft gehen, die sie betreibt. Der Vorteil der Konstruktion: Die Personalkosten schlagen hier für die Genossenschaft lediglich als Teil der gesamten Investitionssumme zu Buche, die bei PV-Anlagen über mindestens 20 Jahre abgeschrieben wird.
Vertraglich auf den Punkt kommen
In einem Gesellschaftsvertrag werden die Aufgaben der Tochtergesellschaft geregelt. Hier wird z.B. festgelegt, ob die Tochter-GmbH nur im Innenverhältnis für die Genossenschaft tätig wird bzw. wann die Gesellschaft externe Aufträge annimmt. Bei mehreren Gesellschaftern werden die Anteile definiert, die Bestellung von Geschäftsführer:innen usw.
Ein valider Geschäftsplan
Selbstverständlich braucht die Tochtergesellschaft einen belastbaren Geschäftsplan mit einer Liquiditätsplanung. In der Regel übersteigen die Kosten in der Anfangsphase (Personal, Wareneinsatz, Werbung, Reisekosten, Büro usw.) die Erträge. Als Möglichkeiten der Startfinanzierung bieten sich hier Nachrangdarlehen, Bankdarlehen oder auch die Inanspruchnahme von Förderdarlehen, die z.B. einzelne Bundesländer für Unternehmensgründungen anbieten.
Zweigniederlassungen: Eigene Identität und Teil eines größeren Ganzen
Lohnt es sich, eine eigene Energiegenossenschaft zu gründen oder ist es besser, sich einer Genossenschaft in der Nähe anzuschließen? Vor dieser Frage stehen Gründungsinitiativen.
Mit einer Zweigniederlassung wird der hohe Aufwand einer Neugründung vermieden. Gleichzeitig hat die Niederlassung eine eigene Identität, die sich schon im Namen ausdrückt und kann eigene geschäftliche Schwerpunkte setzen. Verwaltungsmäßig ist sie Teil der Hauptniederlassung, also der Genossenschaft, der sie sich angeschlossen hat.
Für bestehende Energiegenossenschaften birgt die Gründung von Zweigniederlassung die Chance, dass sie ihren Wirkungskreis erweitern können, über den eigenen Ort bzw. den Kreis hinaus, mehr Aktive gewinnen und evtl. neue Geschäftsfelder etablieren können.
Paragraf 14 des Genossenschaftsgesetzes regelt die Errichtung einer Zweigniederlassung. Die Niederlassung muss im Wesentlichen alle oder einen bestimmten Teil der Geschäfte der Hauptniederlassung betreiben. Zudem muss die Zweigniederlassung über eine gewisse organisatorische Selbstständigkeit verfügen. Die Satzung eine Genossenschaft kann die Errichtung der Zweigniederlassung von der Zustimmung der Generalversammlung abhängig machen.
Die Eigenständigkeit einer Zweigniederlassung zeigt sich schon im Namen. Das erleichtert die Identifikation mit den Mitgliedern vor Ort und betont den lokalen Charakter. Die Zweigniederlassung kann sich auf bestimmte Geschäftsfelder konzentrieren, sich zum Beispiel die Themen Balkonmodule, Solarberatung oder Öffentlichkeitsarbeit auf die Fahne schreiben. Zur Eigenständigkeit können auch ein eigener Bilanzkreis gehören und die Möglichkeit selbst Mitgliedsanteile einzuziehen.
Gleichzeitig stehen den Aktiven in der Zweigniederlassung erfahrene Partner:innen in der bestehenden Energiegenossenschaft zur Seite und die Zweigniederlassung kann auf Dienstleistung der Hauptniederlassung zurückgreifen.
Sinn macht, dass Aktive der Zweigniederlassung im Aufsichtsrat und/oder im Vorstand der Energiegenossenschaft vertreten sind.
Vorteile & Nachteile
Praxisbeispiele
Die EGIS Verwaltungs-GmbH ist eine 100-prozentige Tochter der EnergieGenossenschaft Inn-Salzach eG und handelt im Auftrag der EGIS eG. Sie übernimmt Dienstleistungen für die EGIS wie die Verwaltung, die Mitgliederverwaltung und betreut die Homepage. Die Verwaltungs-GmbH entwickelt neue Projekte und betreut bestehende Projekte. In der Tochtergesellschaft ist das gesamte Personal angestellt. Sie finanziert sich aus Erlösen der Projektentwicklung, Haftungsvergütungen, Aufwandsentschädigungen usw. Die Genossenschaft übernimmt die Finanzierung von Projekten über Mitgliedsanteile, Nachrangdarlehen oder Bankdarlehen. Sie betreibt eigene Anlagen und beteiligt sich an Projektgesellschaften. Für ihre PV-Freiflächenanlagen hat die EGIS z.B. eigene Projektgesellschaften gegründet. https://www.egis-energie.de/
BEGeno Solar, Solarteursbetrieb der Bürger Energie Bremen eG (BEGeno) projektiert, baut und verkauft kleine PV-Dachanlagen an Privat- und Gewerbekund:innen: https://www.begeno.de/begeno-solar/
Die BürgerEnergie Rhein-Neckar Photovoltaik GmbH ist eine zu je 50%ige Tochterfirma der BürgerEnergieGenossenschaft Kraichgau eG und der HEG Heidelberger Energiegenossenschaft eG und bedient die gestiegene Nachfrage nach Photovoltaikanlagen im Privatkundenbereich. https://buergerenergie-rhein-neckar.de/